Gero P. Weishaupt
                                                            Gero P. Weishaupt                                                                                       

Originalgetreue Übersetzungen         

 

Als zweiten Punkt einer „Reform der Reform“ nennt Ratzinger die Übersetzungen der lateinischen Editio Typica des Missale Romanum in die jeweiligen Volkssprachen,[1] die freilich auch im Zusammenhang mit richtig verstandenen Anpassungen liturgischer Texte an die partikularkirchliche Gegebenheiten, die den Bischofskonferenzen zukommen, gesehen werden muss. In dem Bestreben, Übersetzungen zu Interpretationen umzugestalten, die sich zuweilen von Modeströmungen leiten ließen, weichen Übersetzungen mancher Bischofskonferenzen hier und da in nicht unerheblichem Masse vom lateinischen Text der Editio Typica des Missale Romanum von 1970 ab, so dass die Frage berechtigt ist, ob in den volkssprachlichen Messbüchern die „vox authentica Ecclesiae Dei“[2] noch integral vernehmbar ist. Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation weist indirekt auf die Instruktion Liturgiam authenticam hin.[3] Diese Instruktion, die am 28. März 2001 von der Kongregation für den Gottesdienst und die Disziplin der Sakramente veröffentlicht worden ist, spricht von „Unterlassungen oder Irrtümer(n)“ in einigen Übersetzungen in die jeweiligen Landessprachen.[4] Die Instruktion richtet  besondere Aufmerksamkeit auf die Übersetzungen jener liturgischen Texte, die direkt Glaubeninhalte betreffen. Sie sind „mit höchster Sorgfalt“ zu erarbeiten.[5] Liturgiam authenticam nennt namentlich die Eucharistischen Gebete und das Glaubensbekenntnis.[6]

 

In diesem Zusammenhang ist die Übersetzung der Wandlungworte im Zentrum des Eucharistischen Gebetes von großer Wichtigkeit. Am 17. Oktober 2006 richtete der Präfekt der Gottesdienstkongregation einen Brief an die Bischofskonferenzen, in dem auf der Grundlage theologischer Argumente wie auch in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Instruktion Liturgiam authenticam darauf hingewiesen wird, dass die Formel „pro multis“ im Einsetzungsbericht getreu mit „für viele“ bzw. „für die Vielen“ zu übersetzen ist.[7] Bei der Revision der Übersetzungen geht es um das Bemühen, eine dem Originaltext getreue und dem sakralen Raum der Liturgie entsprechende Sprache zu finden. Erklärte Absicht der Instruktion ist es, „eine neue Zeit der Reform“ einzuleiten, „die der Eigenart und der Tradition der Partikularkirchen angemessen ist, aber auch den Glauben und die Einheit der universalen Kirche Gottes sicherstellt“.[8]

 


[1]          J. RATZINGER, Gesammmelte Schriften. 675.

[2]          Congregatio de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, De usu linguarum popularum in libris liturgiae Romanae edendis. Instructio quinta „ad exsecutionem constitutionis Concilii Vaticani Secundi de Sacra Liturgia recte ordinandam (ad Const. Art. 36), Liberia Editrice Vaticana. Der Titel erklärt sich aus den beiden Anfangsworten der Instruktion, Nr. 7.

[3]          J. RATZINGER, Gesammelte Schriften. 677: „Das Problem der Übersetzungen ist … ein ernstes Problem. Es gibt ein neues Dokument des Heiligen Stuhles zu diesem Problem, das meines Erachtens einen wirklichen Fortschritt darstellt.“  Die Krise der Übersetzungen zeigt sich in extremer Form in der sogenannten inklusiven Sprache in den englischsprachigen Nationen. „Es gibt Gemeinden in den USA, wo man, mit Bezug auf die inklusive Sprache, nicht mehr zu sagen wagt: ‚Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes‘, weil das Ausdrücke des ‚Masculinisme‘ wären: Vater und Sohn: zwei Männer. Man sagt dann: ‚Im Namen des Schöpfers, des Erlösers und des Heiligen Geistes‘. Das ist nur ein Beispiel, um den Ernst dieses Problems zu zeigen und den Nachdruck zu verstehen, den manche Bischöfe (und nicht die Bischofskonferenzen als solche) darauf legen, man solle verwenden, was sie die reale Sprache nennen, das andere sei, ihnen zufolge, nicht mehr die reale Sprache. Die inklusive Sprache lässt wesentliche Dinge verschwinden, so zum Beispiel die ganze christologische Struktur der Psalmen, weil die männlich geprägten Worte verboten sind.“ Ibid., 675 f.

[4]          De usu linguarum popularum in libris liturgiae Romanae edendis, Nr. 6: „Omissiones aut errores, quibus quaedam translationes in linguas populares usque adhuc sunt affectae, …“

[5]          Ibid., 26: „Quapropter translationes Precum eucharisticarum approbatarum summa cum diligentia sunt parandae praesertim quoad formulas sakramentales, …“ („Darum müssen Übersetzungen der anerkannten eucharistischen Gebete mit höchster Sorgfalt vorbereitet werden, vor allem in bezug auf die sakramentalen Formeln, … .“  Übersetzung GPW.)

[6]          Ibid. Nr. 63 ff.

[7]          Brief von Francis Kardinal Arinze, Präfekt er Gottesdienstkongregation an die Bischofskonferenzen (Prot. N. 4. 467/05/L)  vom 17. Oktober 2006, in: Gestorben für wen? Zur Diskussion um das „pro multis“ (hrsg. V. M. Striet), Freiburg im Breisgau, 2007, 13.  Das Buch bietet einen Diskussionsbeitrag zu dieser „römischen“ Anordnung und lässt Autoren verschiedener theologischer Diszipline (Liturgiewissenschaft, Dogmatik, Biblische Theologie, Fundamentaltheologie, Neues Testament) zu Wort kommen. Eingehende theologische Studien zum Thema bieten M. HAUKE, „Für viele vergossen“. Studie zur sinngetreuen Wiedergabe des pro multis in den Wandlungsworten, Augsburg 2008, sowie F. PROSINGER, Das Blut des Bundes – vergessen für viele? Zur Übersetzung des ,hypér pollôn‘ in Mk 14, 24 = Quaestiones non disputatae, Bd. 12, Siegburg 2007.

[8]          Ibid.: „Haec ergo Instructio providet et parare studet novam aetatem instaurationis, quae indoli et traditioni Ecclesiarum particularium sit consentanea, sed etiam in tuto collocet fidem et unitatem universae Ecclesiae Dei.“  (Übersetzung GPW.)

 

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